Samstag, 29. Juni 2024
Jeder Spuk ein Manifest
Ich weiß nicht, ob es hier begann. Denke ich darüber nach, gibt es weder einen Anfang noch ein Ende, nur die sichere Entropie. Jeder Spuk ist, für sich genommen, ein Manifest der Aufzeichnung gewaltiger Gefühlsregungen, die im Augenblick des äußersten Schreckens eine unauslöschliche Spur hinterlassen. Aber auch die Zeugnisse, die nicht der Tragödie oder dem Grauen entspringen, sind noch vorhanden. Sie sind nur nicht dazu gedacht, wahrgenommen zu werden, damit die schwarzen Blüten selbst besser zur Geltung kommen.

Doch diese Spielart der Ewigkeit ist nichts im Vergleich zu jenen Vorkommnissen, die keine andere Neigung zu haben scheinen, als die Tore ins Chaos zu bilden - hinaus und hinein.

Diese Tore haben eine ähnliche Funktion wie das Filtersystem, das unser Bewusstsein vom Unterbewusstsein trennt. Es ist eine Sache, über die Möglichkeiten der Materie zu sprechen, aber es ist etwas völlig anderes, über die Möglichkeiten des ganzen Universums zu sinnieren.

Möglichkeiten, die nirgendwo anders hinführen als in den Wahnsinn.

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Sonntag, 23. Juni 2024
Die nackten Ufer des Strandes
An den nackten Ufern, festgestampfter Sand und nass, stehe ich und rufe dich: Komm!
Du willst ankern, aber nirgendwo ist das Land fest genug, nirgendwo ist die Zeit stabil, eine Lücke, wo wir stehen. Fische erhüpfen sich kristallene Insekten, die Wasseroberfläche kocht. Ein Huhn ohne Kopf, vom Hunger der Menschen gerichtet, flappt gegen die Sonne, eine Mücke im Licht. Der Wille ist ein letztes Aufbäumen, der Kopf auf dem Hackstock döst. Ein Huhn, ein Ikarus, ein Sonnenstrahl. Der Kopf liegt auf dem Hackstock und döst, aber sein Körper flattert nach Süden, fällt über einer Holzwippe zu Boden. Sie zieht ihre karierten Strümpfe über ihre weiße Haut, trägt nichts mehr außer ihrem Flaum, der sich im Wind, der das Huhn noch einige Meter durch die Lüfte wirft, aufrichtet. Angelruten stecken fest in der Erde. Komm! Mit dem Blut werden wir uns reinigen von der Reise, die hier endet. Ich halte die Axt, die uns stützen wird.

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Samstag, 22. Juni 2024
Die Geschwindigkeit einer Kutsche
Was von uns bleibt, ist der Irrtum unserer Sinne. Wir können nur durch Sprache sehen, erkennen aber werden wir nie etwas über den Moment hinaus.

Es ist noch gar nicht so lange her, da zürnten Kutschenräder durch den Dreck und die Reisegeschwindigkeit bewegte sich mit dem Puls der Pferde. Sie genügte, um die Erscheinungen hinter den Bäumen erkennen zu können, die während eines flotten Marsches per pedes gar nicht wahrzunehmen sind, weil sie sich immer im toten Winkel des Läufers befinden. Bei unnatürlich schneller Fahrt ist hingegen jegliche Wahrnehmung gestört und es gibt schlicht keine aufzudeckenden Geister. Die Geschwindigkeit einer Kutsche aber deckt sie auf, sie ist das natürliche Tempo überland, und wir wissen, dass wir nicht da sind, wo wir sein sollten.

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